Viele Auswanderer lassen sich in Italien als Selbständige nieder und versuchen so, ein kleines „Business“ zu starten oder gehen ihrem schon in Deutschland freiberuflich ausgeübten Job nach. Andere widerum suchen eigentlich eine Arbeit im Angestelltenverhältnis und werden vom gefundenen Arbeitgeber – wie unzählige Italiener – in die Scheinselbständigkeit gezwungen. Sie „werden“ eine Partita IVA, wie es in Italien inzwischen heißt.
Wann muss man sich wie versichern?
Für eine geringfügige Tätigkeit bis zu einem Einkommen von 5.000 Euro jährlich sind keine Sozialbeiträge zu leisten. Liegt das Einkommen darüber, meldet man sich beim INPS („NISF“ in Südtirol) an, wo man in die „Gestione Separata“, eine gesonderte Kasse, eingetragen wird. Dann werden Rentenbeiträge bis fast 30% fällig, und wer dann noch die volle Einkommensteuer zahlen muss, wird rund die Hälfte des Reinerwerbs an den Staat abgeben.
Ein Selbstständiger ist in Italien nicht gegen Arbeitslosigkeit abgesichert, hat aber Anrecht auf Familienbeihilfe, Taggeld im Falle eines Krankenhausaufenthalts, fünf Monate Mutterschutz und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit.
Das „regime dei minimi“
Rechtlich und steuerlich ist es für Freiberufler in Italien am einfachsten, dem „regime dei minimi“ anzugehören. Das ist eine Art Sonderform für Einsteiger unter 35 Jahren. Es gibt hier in den ersten fünf Jahren eine Steuerbegünstigung (man zahlt nur 5% statt die normalen Beiträge) und man ist von der Einforderung der Mehrwertsteuer befreit.
Folgende Bedingungen müssen aber erfüllt sein:
- das jährliche Einkommen bleibt unter 30.000 Euro
- steuerlich geltend gemachtes Equippment wie Computer, Firmenwagen u.ä. bleibt in drei Jahren unter 15.000 Euro
- man hat keine Angestellten oder Weisungsempfänger
- das Business ist in Italien gemeldet
- man ist kein Teilhaber einer GmbH oder ähnlichem
- man gehört keinen Ausnahme-Gruppen an wie Fischereibetriebe, Landwirtschaft, etc
Fristen
Die Einkommensteuer wird mit einer Anzahlung bis zum 30. November eines jeden Jahres (auf der Grundlage des Vorjahressatzes berechnet) und dann im Juni des Folgejahres beglichen. Dieselben Fristen gelten auch für die Zahlung des INPS-Beitrags.
Tipp: Rechnungsstellung an ausländische Unternehmen
Viele in Italien im Regime dei Minimi arbeitende Freiberufler haben mit Unternehmen innerhalb der EU zu tun. Stellt man hier die Rechnung, wird kein Bollo mehr benötigt. Auch muss, der Einfachheit halber, innerhalb der EU keine Mehrwertsteuer auf- und abgeführt werden. Der Rechnung ist dazu folgender Satz zuzufügen: „Operazione effettuata ai sensi dell’articolo 1, comma 100, della legge finanziaria per il 2008, come modificata da articolo 27, DL 98/2011, non soggetta né ad iva né a ritenuta ai sensi del provvedimento agenzia delle entrate n. 185820“
Tipp: Einen Teil der Sozialbeiträge auf den Rechnungsempfänger umwälzen
Bis 4% der Abgabe an das INPS können auf den Rechnungsempfänger abgewälzt werden („Rivalsa Inps“). In Italien weiß das jeder mit dem Ihr zu tun haben werdet, man kann aber auch versuchen, das bei seinen ausländischen Kunden durchzusetzen. Sowohl italienische als auch ausländische Firmen müssen dem Freiberufler hier nicht entgegenkommen, tun es aber meist.
>> So kann das dann letztendlich aussehen
Bei einem Umzug innerhalb Italiens muss die neue Adresse natürlich auch bei Finanzamt und INPS gemeldet werden. Beim INPS reicht es, die neue Adresse telefonisch durchzugeben.
Steuerberater, die sich um Freiberufler kümmern, verlangen ab 600 Euro im Jahr für ihre Dienste. Die meisten Freiberufler, die ich kenne, haben so einen Commercialista, da sich viele Regeln was Meldepflichten, Beitragszahlungen und absetzbare Ausgaben dauernd ändern. Außerdem hat kein normal Sterblicher Zeit und Lust, sich mit den telematischen Prozeduren von Steuerzahlung und Erklärung auseinanderzusetzen.
Tipp: INPS-Voucher absetzbar
Eigentlich darf ein „regime minimi“ keine Mitarbeiter haben. Ausnahme: Gelegenheitsarbeit. Wer also einen Kollegen hat, der gelegentlich mitarbeitet, kann die Kosten dafür steuerlich absetzen und muss seinen Steuerstatus nicht ändern. Wie die Beschäftigung eines Mitarbeiters auf dieser Basis praktisch aussieht kann hier nachgelesen werden.
Kleiner Exkurs für Angestellte: Abschreibungen und die Einkommensteuer
Wer im Angestelltenverhältnis arbeitet, muss seine Einkommensteuererklärung dann selber erstellen, wenn er Abschreibungen geltend machen will. Ansonsten macht das der Arbeitgeber. Die Berechnung der Einkommensteuer (IRPEF) kann man zum Beispiel auf der Seite IRPEF.INFO vornehmen. Die Fristen sind dieselben wie bei Selbständigen.
UPDATE 7.10.2015: Hier ein sehr umfassender Artikel zum Thema auf Italienisch – mit vielen Details und konkreter Anleitungen zum Antragstellen der „Gestione Separata“.
UPDATE 18.04.2016: Hier ein zusammenfassender Artikel zu den Änderungen für das „regime dei minimi“ ab 2016 (auf Italienisch)
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Quellen:
http://www.minijob.it/blog/2015/01/partite-iva-cosa-sono-e-cosa-bolle-pentola/
http://www.guidafisco.it/contribuenti-minimi-voucher-inps-1090#ixzz3fymWsbs6
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