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Gibt es ein Recht auf freie Aussicht?

Für die schöne Terrasse oder den Balkon mit Blick auf das glitzernde Meer, die Berge oder den tiefblauen See greifen die Käufer der Ferienimmobilien tief in die Tasche. Die Preise für Häuser und Wohnungen mit „unverbaubarer Aussicht“ liegen in den oberen Kategorien. Auch wenn Italien in der Tat sehr viel Meeresküste und Seelandschaften zu bieten hat, so können sich schöne Aussichten an den Hanglagen auch eintrüben.

Beginnt der Nachbar unterhalb mit einem Bauprojekt, das zu hoch in den Himmel zu ragen scheint, so gibt es die Möglichkeit, in die Bauakten Einsicht zu nehmen. Im Gegensatz zum deutschen Baurecht, ist es aber keine Aufgabe der Baubehörde, den Nachbarn über die anstehenden Projekte von sich aus zu informieren. Der Eigentümer, der Probleme mit der Baustelle fürchtet, muss sich selbst kümmern. Die Behörden haben zudem die Pflicht, auf Datenschutz zu achten und den Inhaber der Genehmigung über den Antrag auf Akteneinsicht zu informieren. Wenn der Antragsteller kein berechtigtes Interesse nachweisen kann, muss dem Antrag nicht stattgegeben werden. Die italienischen Baugenehmigungen werden „vorbehaltlich Rechte Dritter“ ausgestellt. Das heißt also, dass die Schutzrechte der Nachbarn als Dritte, die auf dem Zivilrechtsweg verfolgt werden können, unberührt bleiben. Das ist z.B. bei Missachtung des Bauabstandes zur Grenze oder bei Fensteröffnungen zu Privatbereichen ausdrücklich gesetzlich geregelt.

Was ist aber mit dem Schutz der schönen Aussicht?

Wenn nicht die Bauordnung passende Limits bei den Gesamthöhen der Neubauten vorsieht, sieht es schlecht aus: Leider kennt das Zivilgesetz in Italien dieses Recht nicht, es gibt keine konkrete Reglung für Grenzprobleme, die sich in luftiger Höhe abspielen. Die Grenzen limitieren den horizontalen Platz, nicht den vertikalen. Hier kommt es immer auf den Einzelfall an, denn wenn das Ferienhaus durch den Neubau zugestellt wird, ist ein erheblicher Wertverlust des Eigentums zu befürchten und dieses Recht ist selbstverständlich auch schutzwürdig.

Die fehlende Regelung führt auch zu Problemen, wenn es um die Natur geht, denn hochwüchsige Bäume, die beim Nachbarn unterhalb in den Himmel schießen, erreichen irgendwann die kritische Grenze und behindern die freie Aussicht. Auch hier gibt es allein Regeln zum Grenzabstand am Boden, der bei hohen Bäumen mindestens 3 Meter, gemessen von der Baumstammmitte, betragen muss. Ausnahmen gibt es allein bei Obstbäumen, auch wenn diese normalerweise nicht so hoch hinaus wollen, wird deren maximale Höhe gesetzlich auf 2,50 Meter beschränkt.
Stehen aber die Wipfel der Kastanie oder der Robinie im Blickfeld, bleibt als Alternative immer noch, den Nachbareigentümer zu einem Glas Wein auf die eigene Terrasse einzuladen, um mit ihm zusammen die „schöne Aussicht“ zu betrachten. Die Einsichtsfähigkeit des Nachbarn steigt sicher, wenn ein Angebot, den notwendigen Baumschnitt mitzufinanzieren, vorgelegt wird.

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6 Antworten zu „Gibt es ein Recht auf freie Aussicht?“

  1. Avatar von Franziska
    Franziska

    Guten Tag,

    ich hätte auch eine Frage zu dem Thema,
    Wir haben auf Sardinien ein Grundstück direkt am Meer, auf welchem 2 Pienienbäume stehen.
    Jetzt haben unsere Nachbarn über uns, uns aufgefordert unsere Bäume zurück zu schneiden, damit sie auf ihrer Terrasse, von der Liege aus aufs Meer sehen können.
    Sind wir dazu verpflichtet unsere Bäume zurück zu schneiden?
    Wir fänden das sehr schade, da die Bäume toll wachsen und nicht ungepflegt aussehen.

    Vielen Dank vorab schon einmal für die Hilfe!
    Freundliche Grüße
    Franziska

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Franziska, grundsätzlich gibt es keine gesetzliche Regel, die die Höhe von Pinien regelt. Genauso gibt es kein Recht, von der Liege auf der Terrasse aus das Meer zu sehen. Wenn Sie keine vertragliche Verpflichtung zu den Nachbarn eingegangen sind, keine spezielle Gemeindevorschrift beachtet werden muss, die Bäume den Grenzabstand einhalten und nicht umsturzgefährdet, also eine Gefahr für andere sind, gibt es keinen Grund, sie zurückzuschneiden. Mit besten Grüssen U. Cristina

  2. Avatar von Leyh
    Leyh

    Ich habe eine Frage zu Bäumen auf dem eigenen Grundstück.
    Wir überlegen ein Haus in Triest in Hanglage mit herrlichem Meerblick zu kaufen. Der Meerblick auf der unteren Terrasse ist allerdings teilweise durch ein paar große Bäume auf dem eigenen Grundstück eingeschränkt.
    Gibt es in Italien so etwas wie eine Baumschutzverordnung, die das Beschneiden oder Fällen von Bäumen untersagt? Braucht man eine Genehmigung oder darf man hier einfach beliebig Hand anlegen und kürzen bzw. entfernen?

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Frau Leyh, welche Bäume wie beschnitten werden dürfen, hängt von deren Art und Standort ab. Es gibt geschützte Exemplare und es gibt Schutzzonen, z.B. des Landschaftsschutzes, bei denen ohne eine vorherige Zustimmung der Gemeinde ein Beschneiden und/oder Fällen nicht möglich ist. Es ist deshalb immer dringend zu raten, sich bei der Gemeinde zu erkundigen oder zumindest einen örtlichen Gärtner zu fragen, um spätere Sanktionen zu vermeiden. Mit besten Grüßen U. Cristina

  3. Avatar von Tobias Haupt
    Tobias Haupt

    Guten Tag,

    ich hätte da mal ein paar Fragen wegen der Verbauung der schönen Aussicht.
    Wir haben ein Haus in Kampanien mit wunderschönem Blick von der Terrasse in die Berge bis runter ans Meer. Jetzt haben wir erfahren das die Gemeinde (Nationalpark)direkt gegenüber von uns unterhalb mit EU-Fördergeldern eine neue Grundschule errichten wird obwohl bereits eine Schule im Ort existiert. Natürlich wäre dann die schöne Sicht und wahrscheinlich auch die Ruhe weg.
    Dürfen die denn das so einfach???
    Da wir dadurch eine Wertminderung unseres Hauses haben werden würde mich interessieren ob man etwas dagegen unternehmen kann und wenn nicht wer für die Wertminderung aufkommt?
    Kann man da wenigstens irgendwo eine Entschädigung beantragen/verlangen oder an wen kann ich mich wenden. Wissen leider auch nicht die Dimensionen des Neubaus. (Höhe, Breite usw. Beginn, Bauzeit, Fertigstellung)
    Danke für Ihre Antwort im Voraus!
    Sind gerade echt etwas verzweifelt.

    Freundliche Grüsse

    Tobias

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Herr Haupt, der Artikel, auf den Sie sich beziehen, behandelt Nachbarschaftsverhältnisse unter privaten Nachbarn. Ihr Fall zielt jedoch auf eine andere Konstellation des öffentlichen Baurechts, wo andere Regeln gelten. Hier ist die Behörde im Vorteil. Das Bauprojekt kann auf der Website der Gemeinde veröffentlicht sein, als Anwohner haben Sie das Recht auf Akteneinsicht. Beauftragen Sie einen Architekten, Geometer, der sich das Projekt in der Gemeinde ansieht und ob die rechtliche Grundlage im Bebauungsplan geschaffen wurde. Das Gesetz kennt Entschädigungsansprüche im Enteignungsfall, was hier nicht vorliegt. Ihr Wertverlust bei effektiver Bauausführung müsste also individuell geltend gemacht werden. Beste Grüße U. Cristina

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