(frei nach E. A. Poe)
Vom Suchen und Finden eines Traumhauses in Umbrien
Wir waren kurz davor, aufzugeben, als unsere mühselige Suche nach einem typischen Landhaus in Umbrien, im grünen Herzen Italiens, doch noch belohnt wurde. Es sollte selbstverständlich umringt sein von leuchtenden Sonnenblumenfeldern und einen traumhaften Ausblick bieten auf sanfte Hügellandschaft. Zypressen und Olivenbäume durften auch nicht fehlen – wie man sich das eben so vorstellt …
Immer schon hatte ich von einem eigenen B&B in Italien geträumt, trotz der unsicheren Wirtschaftslage Südeuropas, trotz der hohen Lebenshaltungskosten und wohlwissend, daß ein Leben in Italien nicht so einfach ist, wie es scheint. Damit hatte ich bereits während der Schulzeit unserer Kinder in der Lombardei Erfahrungen sammeln dürfen. Doch als auch das letzte unserer drei Kinder von zuhause auszog, schien mir die Zeit für einen neuen Lebensabschnitt gekommen.
Schon während meiner Studienzeit hatte mich diese stolze etruskische Kleinstadt Perugia mit ihrer einzigartigen Topografie fasziniert und nicht mehr losgelassen. Die mittelalterliche Fontana Maggiore, als schönster Brunnen der Welt bezeichnet, in der Platzmitte ist Treffpunkt sozialer Verbindungen, die Treppenstufen der umliegenden Gebäude füllen sich abends innerhalb kürzester Zeit mit Menschen, die aus allen Gassen strömen. Dort unter den Arkaden wird Gitarre gespielt, andere singen Lieder, es wird getanzt …
Später, als wir als junge Eltern immer wieder Familienurlaube in diesem wunderschönen Umbrien verbrachten, wuchs die Liebe zu dieser Region, seiner wilden Landschaft, den etruskischen Städtchen und Dörfern, und zu den überaus liebenswerten Einwohnern mit jedem Besuch.
Umbrien ist in Sachen Hauskauf kein Schnäppchenparadies, manch ausgefuchster Hausbesitzer klammert sich oft jahrelang an seine pittoreske Ruine. Er schaut zu, wie die Preise auf dem Immobilienmarkt steigen und steigen, um sich dann die Hände zu reiben, angesichts des Vermögens, das auf ihn wartet, wenn er sich dann eines Tages zum Verkauf entschieden hat. Soviel hatten wir auch bereits gehört.
Es hat lange gedauert, bis wir endlich begriffen hatten, daß die Suche nach einem halbwegs gut erhaltenen Landhaus (casale), zu einem fairen Preis, fast unmöglich ist. Egal, ob Kleinanzeigen in Lokalzeitungen, mehr oder weniger seriöse Internetportale, „Vendesi“ Schilder oder Werbungsanzeigen in Schaufenstern oder an Schwarzen Brettern, und vor allem Immobilienmakler haben uns diesem Ziel nicht wirklich nähergebracht. Es mußte ein anderer Plan her.
Also bemühten wir uns, mit jedem Besuch in Umbrien, neue Kontakte zu schließen, was viel leichter war, als gedacht. Egal, ob Gastwirt, Tankwart, Kellner, Koch, Weinhändler, Agronom oder Bürgermeister, überall lächelte uns uneigennützige Hilfsbereitschaft entgegen, wie wir sie noch selten erlebt haben. Unglaublich, aber wahr: Sogar unpersönliche Emailanfragen an unbekannte B&B- und Agriturismo-Besitzer wurden alle ausnahmslos beantwortet!
In einem Café in Castiglione del Lago bekamen wir dann den entscheidenden Tipp und fuhren, warum auch immer, mit einer vagen Hoffnung, da die Informationen über Haus und Besitzerin uns neugierig machten, zu diesem Landhaus. Wir wußten bereits , daß es viel zu groß war und die ursprünglich von uns angedachten Grundmaße weit überschritt. Das „Traumhaus“ schlechthin findet man nie, soviel hatten wir bereits gelernt.
Als wir die holprige Zufahrtsstrasse hinunterkamen, war es auch nicht Liebe auf den ersten Blick, aber dennoch empfanden wir etwas Besonderes, irgendwie beschlich uns dort ein positives Gefühl. Abgesehen von der sympathischen, herzensguten Verkäuferin, die uns schon bald auch mehrmals im Haus übernachten ließ, merkten wir bald, da ist etwas…
Ich entdeckte die Schönheit dieses Landhauses: die Terrakotta Ziegel, die von der untergehenden Sonne in strahlendem Gelb-Rot-Orange leuchteten; den Hof, der den Ausblick auf die wunderschöne toskanische Landschaft eröffnen könnte, wäre er nicht so zugewuchert von unzähligen, nie geschnittenen Pflanzen und Sträuchern und Bäumen, die fast bis ins Haus hineinragten; dass das Landhaus bereits 450 Jahre alt ist und seine eigene Geschichte erzählt; die dicken Mauern und z.T. großen Räume, die mit wunderschön passenden Möbeln ausgestattet waren; das Riesentor zum gut erhaltenen, alten Stall, in dem die schweren Eisenringen auf die Rinder und Ochsen zu warten schienen, so manches Geburtsjahr eines Kälbchens war dort in die Wand geritzt. Und dann … war da noch die einfach unglaubliche Ruhe um dieses Anwesen …
Mein Mann als Ingenieur entdeckte das technische Potential, das in diesem Haus steckte. Der mit einem Immobilienkauf in Italien einhergehende ganze bürokratische Aufwand rückte jetzt in unseren Köpfen erst einmal in den Hintergrund.
Wir hatten das große Glück, den Nachbarn des potentiellen Kaufobjekts bereits kennengelernt zu haben; Ivo hatte als Kind in dem Haus gespielt, kannte es in- und auswendig. In seiner Funktion als ausgebildeter Techniker „geometra“ garantierte er uns, daß das Landhaus nicht übermorgen zusammenbrechen würde. Zusätzlich ließen wir uns auch noch die gute Bausubstanz von einem professionellen Bauunternehmer bestätigen, sodaß wir nach ca. vier Monaten den Vorvertrag unterschrieben haben. Unsere Angst vor baulichen Mängeln und stadtplanerischen Störungen war fast ganz verschwunden. Nach so manch schlafloser Nacht, kam dann endlich der große Tag und wir konnten beim Notar den endgültigen Kaufvertrag unterzeichnen und uns in die Renovierung dieses schönen, guterhaltenen Casale stürzen.
Ein ehrlicher und realistisch denkender Architekt mag zwar einen gewissenhaft ausgeführten Kostenplan präsentieren, aber weder die tatsächlichen Kosten einer Hausrenovierung, noch irgendein Zeitplan lassen sich auch nur halbwegs einhalten – so hatte man uns gewarnt. Wie recht sie alle hatten.
Mit viel Optimismus gewappnet, mutig und immer das Resultat vor Augen schlugen wir uns mit Handwerkern wie Gärtnern, Klempnern und Elektrikern herum, aber unter Aufsicht unseres befreundeten Nachbarn Ivo – mit entsprechend guten Kontakten zu den zuständigen Behörden – verlief die Renovierung überwiegend harmonisch. Das lag auch daran, daß ich immer vor Ort und ansprechbar war. Zugegebenermaßen habe ich sehr viel selbst mit angepackt – anderen beim Arbeiten zuzusehen, liegt mir nicht. Natürlich machten wir manchmal zwei Schritt zurück und nur einen vorwärts. Aber es gab auch sehr viele schöne Momente, wo wir beispielsweise mit dem ein oder anderen oder mehreren Handwerkern am improvisierten Mittagstisch saßen und einen einfachen Teller mit Pasta aßen. Auch die Einheimischen gaben uns viele gute Tipps, und manches Mal kamen die Nachbarn vorbei, um uns ihren halben Gemüsegarten oder frisch gelegte Landeier vorbeizubringen. Das ist übrigens heute noch so. Wir haben ein tolles Verhältnis und wissen, daß wir uns aufeinander verlassen können.
Nach guten 1 1/2 Jahren war unser Landhaus endlich bezugsfähig und für Gäste vorbereitet. Ich widmete mich über die Wintermonate einer neuen Website für unser B&B (schaut´s euch gerne einmal an, ihr seid jederzeit willkommen! – www.casalauretana.com). Letzte Behördengänge wurden erledigt … und auf einmal standen die ersten Gäste vor der Tür.
Unsere Erfahrung hat gezeigt, daß der Hauskauf und die Umsetzung in ein B&B in Italien viel Mut und Vorbereitung erfordert. Und natürlich Beratung zu den rechtlichen Aspekten, um nicht in Fallen zu tappen, die teuer werden können! Wer wagt, gewinnt!
Wahrscheinlich haben wir unbewußt die nötigen Voraussetzungen mitgebracht, um genau hier, in einer der schönsten Gegenden Italiens, glücklich zu werden.
Natürlich ist es unabdingbar, die italienische Sprache zu beherrschen, nicht nur um mit Handwerkern zu kommunizieren, sondern auch um Regeln und Vorschriften zu verstehen. Rückschläge und Schwierigkeiten auf diesem langen, arbeitsreichen Weg in Umbrien wurden immer belohnt, sei es mit der Freundlichkeit von Amtsinhabern (der nette Beamte auf dem Finanzamt in Perugia empfahl mir während des Ausfüllens eines wichtigen Formulars freudestrahlend die besten Metzgermeister in meiner Nähe!), sei es mit dem schönen Wetter, der herrlichen Umgebung oder der unglaublich leckeren italienischen Küche, aber vor allem mit der Herzlichkeit und Lebensfreude der Umbrier. Bis heute habe ich in Umbrien auf keiner Behörde unfreundliche Beamte erlebt! Sicher, die italienische Bürokratie ist verzwickt und umständlich – man darf nicht aufgeben! Es ist normal, mehrmals auf ein Amt gehen zu müssen, aber, das haben wir auch gelernt: man sollte dabei die richtige italienische Begleitperson dabeihaben, dann ist auf italienischen Behörden Alles möglich. Forza!
Wenn auch ihr mit offenen Augen träumt … von einem Hauskauf in diesem wunderschönen Land … wir stehen euch gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Barbara Kollmann ist nach mehreren Stationen auf ihrem Weg in Petrignano del Lago in Umbrien angekommen. Dort führt sie das B&B Casa Lauretana.
Schreibe einen Kommentar