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Mutterschutz, Elternzeit, Stillpausen, Kündigungsschutz – Was steht Arbeitnehmerinnen in Italien zu?

Der obligatorische Mutterschutz („congedo di maternità“) in Italien beginnt zwei Monate vor dem errechneten Geburtstermin und endet drei Monate nach dem tatsächlichen Tag der Geburt. Falls das Kind früher auf die Welt kommt, werden die fehlenden Tage zum errechneten Geburtstermin angehangen.
Werdende Mütter, denen es gesundheitlich sehr gut geht, können auch das Model “ein Monat vor der Geburt und vier Monate nach der Geburt” wählen. In diesem Fall muss ein ärztliches Attest des behandelnden Arztes vorliegen.

Mutterschutz beantragen

Der Antrag wird vor Beginn des Mutterschutzes online beim INPS (Istituto Nazionale per la Previdenza Sociale, dt. Nationale Sozialversicherungsanstalt) gestellt. Neben dem Onlineantrag muss sich die werdende Mutter auch zum zuständigen INPS Büro begeben, um die vom Arzt ausgestellte Bescheinigung des errechneten Geburtstermins (im Original und in einem verschlossenen Umschlag) einzureichen. Erst dann wird der Antrag bearbeitet und die ersten zwei (bzw. der erste) Monate bewilligt.

Während des Mutterschutzes steht der Angestellten ein Mutterschutzgeld in Höhe von 80% des Bruttogehaltes zu. Dieser Betrag wird auf der Basis des letzten Monatsgehaltes vor dem Mutterschutz errechnet. Das Geld wird vom Arbeitgeber überwiesen. Er bekommt es anschliessend vom INPS erstattet.

Nach der Geburt (innerhalb von 30 Tagen) muss über das Onlinesystem das Geburtsdatum und die Daten des Kindes durchgegeben und das „certificato di assistenza al parto“, das man im Krankenhaus erhält, angehangen werden. Daraufhin werden die fehlenden drei (bzw. vier) Monate bewilligt.

Elternzeit und Elterngeld

Nach dem Mutterschutz haben Eltern in Italien die Möglichkeit „congedo parentale“ (Elternzeit) zu beantragen (bis zum 12. Geburtstag des Kindes möglich). Sowohl Mutter als auch Vater können Elternzeit beantragen. Man hat maximal ein Recht auf 10 bzw. 11 Monate (im Fall, dass der Vater mindestens drei Monate Elternzeit nimmt). Für die Aufteilung dieser Monate zwischen Mutter und Vater gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Mutter hat jedoch maximal auf sechs Monate Anspruch. Des Weiteren besteht die Möglichkeit die Elternzeit stundenweise oder auch gemeinsam zu nehmen.
Elterngeld (30% des Bruttogehaltes) gibt es für maximal sechs Monate. Anspruch auf dieses Elterngeld hat man aber nur, wenn das Kind nicht älter als sechs Jahre ist (bzw. acht Jahre, bei geringen Gehalt).
Den Antrag stellt man auch auf der Internetseite des INPS.
Falls man diesen Weg nicht wählen möchte, kann man sich auch an die Telefonhotline des INPS (Nr. 803164) oder an ein „patronato“ (Arbeitnehmerorganisation, die Arbeitnehmern in Sozialversicherungsfragen kostenlos hilft) wenden.

Mutterschutz und Elternzeit stehen der Angestellten auch bei einer Adoption oder bei einer Pflegschaft von Minderjährigen zu.

Falls eine Mutter nach dem Mutterschutz gleich die komplette Elternzeit in Anspruch nimmt und nicht noch sehr viel alten Urlaub hat, muss sie in der Regel vor dem ersten Geburtstag des Kindes wieder anfangen zu arbeiten. In dem Fall kann sie bis zum ersten Geburtstag des Kindes die „riposi per allattamento“ (Stillpausen) beantragen. Dies geschieht mit einem formlosen Antrag beim Arbeitgeber. Bei einer täglichen Arbeitszeit von sechs und mehr Stunden stehen der Arbeitnehmerin zwei Stunden am Tag zu, bei einer Arbeitszeit unter sechs Stunden ist es eine Stunde.
Diese Stillpausen werden zu 100% vom INPS bezahlt.

Eine Angestellte in Italien kann von Bekanntgabe der Schwangerschaft bis zum ersten Geburtstag des Kindes nicht gekündigt werden
(Ausnahme besteht nur in Extremfällen). Eine Mutter, die nach Ende der Elternzeit aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zu ihrem Arbeitgeber zurückkehren kann oder will, hat die Möglichkeit Arbeitslosengeld zu beantragen. Dies geht, wenn die Kündigung vor dem ersten Geburtstag des Kindes geschieht und die Mutter die Voraussetzungen für das Arbeitslosengeld erfüllt. In diesem Fall spricht man von „dimissioni per giusta causa“ (Kündigung aus berechtigtem Grund).

Zur Vertiefung der angesprochenen Themen sind die folgenden Links sehr hilfreich:
congedo di maternità/ paternità: https://www.inps.it/portale/default.aspx?itemdir=5804
congedo parentale e riposi per allattamento: https://www.inps.it/portale/default.aspx?itemdir=5885

5 Antworten zu „Mutterschutz, Elternzeit, Stillpausen, Kündigungsschutz – Was steht Arbeitnehmerinnen in Italien zu?“

  1. Avatar von Noemi Palaoro
    Noemi Palaoro

    hallo, ich bin selbstständig, gibt es in italien ürgend eine versicherung die etwas muttergeld bezahlt?

    1. Avatar von Kim Kruse
      Kim Kruse

      Hi Noemi, ja. Du musst dich ans INPS wenden. Der betreuende Gynäkologe gibt Dir dazu rechtzeitig eine Bescheinigung über die Schwangerschaft/voraussichtl. Geburtstermin. Nach einer wundersamen Formel wird dann (wenig) Mutterschaftsgeld berechnet, dass Dir dann (irgendwann) überwiesen wird. Ich fand meinen Antrag auf Mutterschaftsgeld einen großen Reinfall, im Vergleich dazu, was man in Deutschland oder in Italien als Angestellte bekommt, und dem Aufwand, den man damit hat.
      Aber besser als nichts, natürlich 😉
      Eine gute Zeit Euch!!!
      LG
      Kim

  2. […] Tatsächlich wäre eine Lockerung des Mutterschutzes eine Maßnahme um mehr Frauen in den Beruf zu bringen. Die bisherigen Regelungen: […]

  3. Avatar von Sylvia Rubi
    Sylvia Rubi

    Sehr klar und einfach erklärt! Und damit wird uns wieder einmal klar, wow gut die soziale Versorgung in Deutschland ist.

  4. Avatar von Laura

    Ein sehr informativer Artikel. Insbesondere über die finanzielle Seite sollte man sich frühzeitig ausgiebig informieren, damit es später nicht zu Problemen kommt.

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Kommentare

  1. Hallo, mir wurde der Führerschein wegen abgelaufener AustauschFrist bei Verkehrskontrolle entzogen. 110 euro strafe, Führerschein weg, Auto am Strassenrand stehengeblieben.…

  2. Hallo Kim, ich bin von meinem Arbeitgeber für 6 Monate nach Italien entsandt worden. Ich behalte für diese Zeit meinen…

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