Steuerhilfe in Italien

Nach Mutterschutz: Immer mehr Fälle von Mobbing am Arbeitsplatz

Ich dachte, meine Freundin Claudia sei ein Einzelfall: sie wird es nach der Rückkehr aus dem obligatorischen Mutterschutz von fünf Monaten tunlichst vermeiden, Teilzeit zu beantragen. Denn sie fürchtet um ihren Arbeitsplatz. Zurecht, scheint es:

„La Repubblica“ berichtet, dass die Fälle von Mobbing nach der Schwangerschaft in den letzten fünf Jahren um 30% angestiegen sind. Es seien wohl an die 800.000 Frauen, denen in den letzten zwei Jahren gekündigt wurde oder die dazu gezwungen wurden, zu kündigen – 350.000 Frauen haben Diskriminierung aufgrund ihrer Mutterschaft oder der Bitte um familienverträglichere Arbeitszeiten gemeldet. Vier von zehn Müttern wurde nahegelegt, nach der Geburt zu kündigen, oder ihnen wurde gekündigt. Trauriger Spitzenreiter die Wirtschaftsmetropole Mailand.

Viele der betroffenen Frauen machen sich daraufhin in ihrem Beruf selbständig – und gehören dann zum immer größer werdenden Kreis der meist unfreiwilligen Kleinunternehmer „Partita IVA“ oder gründen eine kleine Cooperativa oder Personengesellschaft. Laut Verband der italienischen Handelskammern und „La Repubblica“ haben fast 80% dieser Frauen-Startups ein Startkapital unter 10.000 Euro und meist nicht mehr als rund 20.000 Euro Jahresumsatz.

In diesem Zusammenhang gesehen, grenzt es schon an Zynismus, in der italienweit wachsenden Zahl an „Unternehmerinnen“ eine Lösung für die weit verbreitete Frauenarbeitslosigkeit zu sehen. Sie liegt noch immer bei fast 47% und nimmt mit der Anzahl der Kinder zu: fünf Prozentpunkte mit dem ersten Kind, 10 mit dem zweiten und 23 mit drei Kindern.

Dabei haben Angestellte auch in Italien das Recht auf angemessene Integration nach der Rückkehr aus dem Mutterschutz.

Jeder Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Angestellte im alten Tätigkeitsbereich zurückkehren zu lassen oder eine adäquate Beschäftigung zu suchen, wenn die Stelle, die sie vor dem Mutterschutz innehatte, gestrichen wurde. Auf jeden Fall darf ihr nicht gekündigt werden.
So hat jüngst eine Angestellte vom Florenzer Arbeitsgericht gegen ihren Arbeitgeber geklagt, und Recht bekommen: Sie hatte ursprünglich eine leitende Position inne, die kurz vor dem ersten Geburtstag ihres Kindes gestrichen wurde – Sie wurde vom Arbeitgeber vor die Wahl gestellt, eine Aufgabe als Empfangsdame zu übernehmen, oder zu gehen. Das Gericht erklärte die erfolgte Kündigung für Unwirksam.

Das eigenen Recht kennen und durchsetzen

Natürlich hat nicht jede Angestellte die Nerven, den alten Job oder auch nur Ausgleichszahlungen einzuklagen. Und vor allem in Italien gilt: Nur wenige Frauen, die Vollzeit in einem Unternehmen wie eine Angestellte arbeiten, sind vom Unternehmen überhaupt entsprechend angestellt.

Deshalb hier ein Tipp: Die Gewerkschaften in Italien sind sehr bissig, und nehmen dem (NochNichtRechtmäßig-)Angestellten sämtlichen Papierkram und die Konfrontation mit dem (ehemaligen) Chef gerne ab. Wer also Opfer von Scheinselbständigkeit ist und deshalb meint, seine Rechte auf und nach dem Mutterschutz nicht einklagen zu können, wie auch rechtmäßig angestellte Mütter, die nach der Rückkehr aus dem Mutterschutz diskriminiert werden, sollten unbedingt eine Sprechstunde beim nächsten „sindacato“ wahrnehmen. Die bekanntesten Gewerkschaften auf Seite der Arbeitnehmer sind CISL und CGIL.

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