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Gibt es in Italien eigentlich ein Grundbuch?

Wer sich im Land, wo die Zitronen blühen, ein Ferienhaus oder aber eine feste Bleibe kaufen will, der ist gut beraten, sich vor der Investition über die anzuwendenden Regeln zu erkundigen. Damit man nicht Protagonist in einer der Schauergeschichten wird, die kursieren, sollte man nicht davon ausgehen, dass der Kauf einer Immobilie genauso wie zuhause funktioniert. Gerade bei unbeweglichen Gütern, sind die Regeln vor Ort die entscheidenden.

Eine wichtige Frage ist also, ob es in Italien auch ein öffentliches Grundbuch gibt, das alle Rechte und Belastungen der Immobile bequem in Tabellenform nebeneinander aufführt. Dazu die erschreckende Nachricht: Nein, ein solches Ordnungsprinzip hat allein die Region Südtirol, die einen Sonderstatus genießt und schon aus historischen Gründen eng mit Österreich verbunden ist. Und in allen anderen 19 Regionen Italiens, herrscht da das Chaos?

Was die Rechte an Immobilien betrifft, kann man sagen, dass sicher kein Chaos herrscht. Hier sind die Regionen dem französischen Registersystem gefolgt, das durch Napoleon im 19. Jahrhundert in vielen Teilen Europas unter seiner Kontrolle eingeführt wurde, um die Erfassung von Gebieten für die für ihn lukrative Grundsteuer zu garantieren. Während das deutsche Grundbuch Folien mit Tabellen hat, die heute digital erfasst sind, sammelt das italienische Liegenschaftsregister (registro immobiliare oder conservatoria) jeder Region die beglaubigten oder öffentlichen Urkunden oder auch Urteile als Rechtstitel für alle Rechte und Pflichten, die mit einem Grundstück oder einem Gebäude zusammenhängen. Auch hier wird inzwischen jede Urkunde digital erfasst, aber in den Archiven stapeln sich noch die Urkunden aus den vergangenen Jahrzehnten. Das Liegenschaftsregister sammelt chronologisch nach Berechtigten, veröffentlicht und ist öffentlich. Die Urkunden, die hier auf Antrag zu finden sind, stellen die gültige Rechtslage an der jeweiligen Immobilie dar. Wichtig für den Interessenten: Wer also ein Haus verkaufen möchte, muss seine Berechtigung mit dieser Urkunde nachweisen.

Und Achtung: Ein Auszug aus dem Katasteramt (sog. visura) ist nicht dasselbe wie die o.g. Herkunftsurkunde. Auch wenn der Auszug über eine Immobilie in seiner Tabellenform an das deutsche Grundbuch erinnert und sich auf die Urkunde bezieht – und im besten Fall mit den Angaben übereinstimmt – sind die Informationen, die in dieser Tabelle zu finden sind, kein Beweis für das Bestehen eines Rechtes. Die Deutschen kennen das Katasteramt als Vermessungsamt (auch dafür war Napoleon der Verursacher). In Italien ist das Katasteramt dem Finanzministerium unterstellt und dient zur Erfassung der technischen Besteuerungsgrundlagen. Dort findet sich u.a. die vom Katasteramt geschätzte Oberfläche und der Fiskalwert (valore catastale), der Grundlage für alle Steuerzahlungen im Zusammenhang mit der Immobilie ist. Natürlich werden auch Berechtigte angegeben, aber diese Angabe ist „ohne Gewähr“, nur die Herkunftsurkunde kann Sicherheit bieten.

Im Gegensatz zum deutschen Katasteramt werden die Vermessungen nicht von Amts wegen vorgenommen, sondern können durch privat beauftragte Techniker erfolgen. Hier kann es gerade bei älteren Gebäuden zu Diskrepanzen zwischen dem eingetragenen und dem effektiven Zustand der Immobilien kommen. Bis vor zehn Jahren waren Liegenschaftsregister und Kataster nicht miteinander vernetzt. Das hatte auch zur Folge, dass Herkunftsurkunden von einem Hühnerstall sprachen, der zwischenzeitlich zu einem Schloss ausgebaut worden war. Häufig wurde nach dem Umbau oder der Erweiterung eine Anpassung der Angaben im Kataster vergessen – natürlich ist diese gebührenpflichtig. Aber jetzt ist es Pflicht der Eigentümer, alle Angaben zu koordinieren. Der Verkäufer hat also zu klären, ob Istzustand und registrierter Zustand des Gebäudes übereinstimmen, bevor es dann wieder vor dem Notar zur nächsten Beurkundung über einen Verkauf kommt.

Also besser nicht verwechseln: der italienische Katasterauszug ist kein Grundbuchauszug und nur die notarielle Herkunftsurkunde macht rechtssichere Angaben.

21 Antworten zu „Gibt es in Italien eigentlich ein Grundbuch?“

  1. Avatar von Schäfer
    Schäfer

    Hallo
    Ich möchte demnächst ein Haus kaufen, kann ich gleich meine söhne mit eintragen lassen im kataster?

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Herr Schäfer, wie Sie aus anderen Artikeln in dieser Rubrik ersehen werden, geht es beim Erwerb einer ital. Immobilie nicht ausschlieslich um die Eintragung der Berechtigung im Kataster, das nur eine rein steuerrechtlich-technische Funktion hat. Das Eigentum erwirbt man mittels einer notariell beglaubigten oder öffentlichen Urkunde. Um Eigentum zu erwerben, müssten Ihre Söhne bei der Beurkundung beteiligt werden und dazu idealerweise bereits volljährig sein, sonst müsste das Vormundschaftsgericht an deren Wohnort auf Ihren Antrag vorab zustimmen. Mit besten Grüßen U. Cristina

  2. Avatar von Alex Finsterbusch
    Alex Finsterbusch

    Als potenzielle Käuferin einer Immobilie in Italien war mir das Grundbuchsystem zunächst rätselhaft. Dieser Artikel hat jedoch Licht ins Dunkel gebracht und mir wichtige Informationen zur Verfügung gestellt. Besonders das Verständnis für das Liegenschaftsregister und die Bedeutung der Herkunftsurkunde war entscheidend. Jetzt fühle ich mich besser gerüstet, meinen Traum von einem Ferienhaus in der Toskana zu verfolgen, ohne böse Überraschungen zu erleben. Vielen Dank für diese hilfreichen Einblicke!

  3. Avatar von Jean Hübner
    Jean Hübner

    Guten Tag,

    vorweg ganz herzlichen Dank für die vielen interessanten und aufschlussreichen Beiträge in diesem Blog. Wir lesen vieles mit großem Interesse, weil wir uns mit dem Gedanken tragen, nach Mailand zu ziehen und dort Wohneigentum (Altbau) erwerben.

    Beim Einlesen ins Thema sind wir darauf gestoßen, dass ein Verkäufer grundsätzlich die „agibilità“ bzw. „abitabilità“ der Immobilie belegen muss. Diese kann nach unserem Kenntnisstand ja nicht aus den Einträgen im Kataster oder im Liegenschaftsregister abgeleitet werden.

    Von der Belegpflicht scheinen zwar Immobilien ausgenommen zu sein, die vor 1934 gebaut bzw. in den aktuellen Zustand versetzt wurden.

    Wir fragen uns nun, welche Risiken wir ggf. eingehen würden, wenn ein Verkäufer das genaue Baujahr nicht belegen kann – das scheint bisweilen gern „übersehen“ zu werden. Somit stünde ja in Frage, ob die o.g. Ausnahmeregelung gilt.
    Und wäre ein Verkäufer dafür verantwortlich, diesen Beleg – bspw. durch Zertifikat eines Architekten oder Geometers – erstellen zu lassen?

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Herr Hübner, die sog. Bewohnbarkeitsbescheinigung beruht auf einer ersten gesetzlichen Regelung aus 1934 und wurde später mehrmals geändert und seit 2013 als „Eigenbestätigung“ ausgestaltet. Sie dient zum Nachweis des Vorhandenseins der Bedingungen für Sicherheit, Hygiene, Gesundheit und Energieeinsparung von Gebäuden und den darin installierten Systemen und wird aktuell bei der Gemeinde auf Antrag des Eigentümers und Nachweis der baulichen Voraussetzungen durch stillschweigende Annahme erteilt. Diese Bescheinigung ist immer Pflicht nach baulichen Änderungen. Handelt es sich um einen Altbau, ist es möglich, Immobilien aus der Zeit vor 1934 oder danach ohne eine Bewohnbarkeitsbescheinigung zu kaufen, vorausgesetzt, es wurden keine nachträglichen Eingriffe, also genehmigungspflichtige Änderungen vorgenommen. Dieser Aspekt ist wichtig zu prüfen, der Verkäufer kann zwar im Vorvertrag erklären, dass es keine Änderungen gab, aber hier kann die Vereinbarung unwirksam sein, wenn sich dies im Nachhinein als falsch herausstellen sollte. Ratsam ist, sich einen Konformitätsbericht des Verkäufers vorlegen zu lassen, hierin bestätigt er über einen Geometer/Architekt, dass die Bau- und Gebäudeunterlagen den aktuellen Gesetzen entsprechen, dazu zählt auch die Anforderung der Bescheinigung. Mit besten Grüßen U. Cristina

  4. Avatar von Christian Reimer
    Christian Reimer

    Hallo, mein Vater (Italiener) ist bereits 1986 verstorben, als ich 10 Jahre alt war.
    Mir wurde immer gesagt, dass ein Notar dafür gesorgt hat, dass seine Immobilie in Rimini auf mich übertragen wird.
    Eine Urkunde habe ich allerdings nicht.
    Ich möchte die Wohnung nun verkaufen, habe selbst auch eine italienische Steuernummer und die Doppelstaatsbürgerschaft. Wie weise ich nun nach, dass die Wohnung mein Eigentum ist?
    Vielen Dank!!

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Herr Reimer, wenn nach dem Tode Ihres Vaters die steuerrechtliche Erbfolgeerklärung eingereicht wurde (dichiarazione di successione), die auch Notare ausführen können, dann sollten Sie zumindest im Katasteramt als Berechtigter und Verpflichteter der Immobilie erfasst sein. Das ist eine wichitge Voruassetzung für einen möglichen verkauf. Fragen Sie zuerst bei dem Notar nach, damit er Ihnen eine Kopie der Erklärung sendet. Sie können auch im Katasteramt einen Namensauszug zu der Gemeinde, in der die Immobilie liegt, beantragen, dafür brauchen Sie Ihren Ausweis und die ital. Steuernummer. Mit besten Grüßen U. Cristina

      1. Avatar von Chris Reimer
        Chris Reimer

        Vielen Dank für die schnelle Antwort.
        Ich bin beim Katasteramt eingetragen.
        Ein Makler sagte mir nun, dass der Eintrag allein für einen Verkauf nicht ausreicht.
        Der Notar von damals ist nicht mehr zu finden. Wie komme ich nun an eine Kopie der Erklärung?

        1. Avatar von Ulrike Cristina

          Guten Tag, alle ital. Notare sind bei der örtlichen Notarskammer eingetragen, dort kann man – wie auch online unter notariato.it – alle Notare finden. Eine Kopie der Erbfolgeerklärung kann auch über das örtliche Büro des Steueramts beantragt werden. Mit besten Grüssen U. Cristina

  5. Avatar von Brigitte Rösler
    Brigitte Rösler

    Mein Mann und ich haben vor 24 Jahren ein Haus in der Provinz Caorle gekauft. Ein notarieller Kaufvertrag liegt vor.

    Jetzt hören wir wiederholt von Freunden, die in einer ähnlichen Situation sind und ihre Immobilie verkaufen bzw. übertragen möchten, dass die Immobilie nicht im Grundbuch eingetragen ist und der Notar diesen Eintrag aber benötigt.

    Können Sie mir eine Möglichkeit nennen, wie und wo ich feststellen kann, ob unser Haus und wir als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind?

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Frau Rösler, die Region Venetien kennt, wie die meisten anderen Regionen Italiens kein Grundbuchsystem, sondern folgt dem französischen Registersystem. Das ital. Recht verlangt, dass ein Kaufvertrag über Immobilien schriftlich geschlossen werden muss und um Wirkung gegenüber Dritten zu erlangen, im Liegenschaftsregister (Conservatoria dei registri – das bei der Finanzbehörde geführt wird) veröffentlicht wird. Diese Veröffentlichung führen die Notare auftragsgemäß automatisch durch, Sie erkennen die Eintragungsdaten auf der beglaubigten Kopie der Notarurkunde durch die Eintragung am Rand oder können bei der Conservatoria vor Ort einen Auszug beantragen. Mit besten Grüßen U. Cristina

  6. Avatar von Virginio Votta
    Virginio Votta

    Guten Tag

    Mein Vater ist am 23.8.23 verstorben, ich möchte wissen, ob mein Vater mit seinen Brüder im Grundbuch eingetragen ist. Die (Erben) hätten dann das Anteilsrecht? Mein Vater lebte in der Schweiz. Meine Onkel in Italien.

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Herr Votta, In Italien gibt es – bis auf wenige Ausnahmen der Regionen mit Sonderstatus – kein Grundbuch. Aber über das Kataster gelangen Sie auch an die Information. Um herauszufinden, ob Ihr Vater einen Anteil an einer ital. Immobilie hat, ist zu empfehlen, einen sog. Namensauszug aus dem Kataster einzuholen (visura nominativa). Dafür brauchen Sie die Gemeinde, in der die Immobilie gelegen ist und die ital. Steuernummer Ihres Vaters. Auf dem Auszug sehen Sie, für welche Immobilie er mit welchem Anteil als Berechtigter gilt. Mit besten Grüßen U. Cristina

  7. Avatar von N.
    N.

    Guten Tag

    Ich besitze eine Liegenschaft in Italien, Provincia Potenza. Gerne möchte ich meinem Bruder als Miteigentümer eintragen lassen, ich habe gehört, dass dies so nicht möglich sei, dass ich in diesem Fall, ihm die Hälfte verkaufen muss. Stimmt das so?

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag, jede Veränderung einer Rechtsposition an einer Immobilie muss einen Rechtsgrund haben. Sie können frei entscheiden: Entweder möchten Sie die Immobilie z. B. zu 50% an den Bruder ohne Gegenleistung übertragen (=Schenkung) oder Sie möchten eine Gegenleistung für den Anteil erhalten (=Verkauf). Je nach dem wird dann die Urkunde ausgestaltet, notariell ausgefertigt und zum Register veröffentlicht. Mit besten Grüssen, U. Cristina

  8. Avatar von Felix Merk
    Felix Merk

    Hallo, gibt es für Italien eine Flurkarte/Parzellenkarte online? Kann man die „theoretischen“ Grundstücksgrenzen der Parzellen irgendwo online ansehen?
    Vielen Dank für den Bericht und liebe Grüße

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Herr Merk, man kann alle Katasterdaten beim örtlichen Katasteramt einsehen, wegen der Einschränkungen durch Covid-19 ist dies allerdings nicht überall möglich. Alternativ können Sie einen Geometer damit beauftragen, die haben einen digitalen Zugang zum Kataster oder aber eine der Agenturen, die Sie mit dem Stichwort „visura catastale online“ finden. Mit besten Grüssen U. Cristina

  9. Avatar von Gioia
    Gioia

    Kann man so eine Herkunftsurkunde online bestellen? Oder einen Katasterauszug. Ich würde gerne herausfinden, wem eine Bestimmte Liegenschaft in Sesto Fiorentino gehört und finde dazu keine seriöse Website. Falls mir jemand einen Link dalassen kann wäre ich enorm dankbar!

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag, es gibt Agenturen, die diesen Service gegen Zahlung anbieten (catastoinrete.it, tuttovisure.it, visurasi.it). Eine persönliche Anfrage online ist beim Liegenschaftsamt bisher meines Wissens nicht möglich. Beim Katasteramt sind Anfragen nach online-Registrierung über das System „Sister“ möglich https://sister.agenziaentrate.gov.it/Main/SceltaServizioAccesso.do?tipo=M. Viel Erfolg. Beste Grüsse U. Cristina

  10. Avatar von Cora Genge

    Dieser Bericht entspricht nicht ganz der Realität, bevor es nämlich in Italien zu einer Grundüberschreibung kommt, prüft der/die Notar/in ob alle Zertifikate ordnungsgemäß vorhanden sind, wie auch Katasterauszug. Diese ist beim Steueramt (Agenzia Entrate) zu beziehen. Im Übrigen besteht in Italien ein Grundbuch für Jedermann einsichtbar. Wir empfehlen auf alle Fälle den Gang via Notar und keinesfalls privat zu kaufen. Italien ist im Vergleich zu Südfrankreich oder Spanien viel weniger kompliziert und steuerlich erheblich interessanter.

    1. Avatar von Ulrike Cristina

      Guten Tag Frau Genge, Ihre Bemerkung widerspricht meinem Artikel nicht: es ging darum, dass es in den meisten Regionen Italiens kein Grundbuch gibt. Natürlich prüfen italienische Notare bei der Beurkundung und anschliessenden Publikation des Verkaufs die vorhandenen Unterlagen. Die Veröffentlichungen sind beim Liegenschaftsamt (ist nicht dasselbe wie ein Grundbuchamt) auf Antrag einsehbar. Ein „Privatkauf“ ist gegenüber Dritten nicht wirksam, da nicht im Liegenschaftsamt veröffentlicht. Wenn die Erwerber Schweizer sein sollten, gibt es zudem Einschränkungen zu beachten. Dazu bald mehr. Beste Grüsse!

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