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Selbständig Arbeiten in Italien: Herausforderung IT-Recht und Datenschutz

Viele deutsche Auswanderer in Italien arbeiten als Selbständige, oder für eine deutsche Firma im Homeoffice. Fast jeder hat eine eigene Webpräsenz, Daten von Kunden auf dem Computer oder in einer Cloud und viele von uns sind sich nie so ganz sicher:

Wie muss ich meine (deutsche) Webseite aufstellen, um sie mit der italienischen Gesetzgebung konform zu machen?
Was muss ich beim Umgang mit Kundendaten, aus Italien oder DACH, beachten?
Was kann mir nach momentaner Gesetzeslage passieren, wenn ich nicht aufpasse?

Aus meinem eigenen Job weiß ich schon einmal, dass E-Mail-Marketing in ganz Europa den gleichen rechtlichen Standards unterliegt (hier gibt es gut & knapp Praxistipps dazu). Aber bei den anderen Punkten tappe ich im Dunkel. Gut, dass Alexis Brudermann, Fachanwalt in IT-Recht, für ein Interview zur Verfügung steht:

ZUR WEBPRÄSENZ

1) Darf jemand, der von Italien aus eine Webseite betreibt, eine .de-Domain nutzen?

Grundsätzlich dürfen Sie auch von Italien aus eine .de-Domain nutzen. Genauso können Sie von Deutschland aus eine .it-Domain nutzen. Viele Menschen nutzen ja auch .com-Domains, die US-amerikanischen Domains.

2) Darf die Seite komplett auf Deutsch sein?

Selbstverständlich darf die Seite auf Deutsch sein, komplett oder in Teilen. Aus Ihrem Impressum sind die Angaben über Ihre Person ersichtlich. Das genügt, muss aber auch enthalten sein.

3) Welche Angaben zum Webseitenbetreiber müssen ins Impressum? Darf man eine deutsche Adresse angeben?

Sie müssen die Adresse angeben, unter der Sie gemeldet sind. Man spricht auch von einer „ladungsfähigen“ Adresse, die Adresse, unter der Sie im Fall eines gerichtlichen Verfahrens „geladen“ werden können. Ein Postfach reicht nicht aus.
Welche Angaben ins Impressum müssen, entnehmen Sie dem Gesetz: § 5 TMG. Im Internet unter dejure.org/gesetze.
Lassen Sie im Zweifel Ihr Impressum aber lieber von einem auf IT-Recht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen. Wichtig ist auch, wo der Leser Ihr Impressum innerhalb Ihrer Webseite findet. Das Impressum sollte nicht allzu „versteckt“ sein.

4) Welche Pflicht-Texte müssen unbedingt auf die Seite?

Neben dem Impressum ist eine Datenschutzerklärung erforderlich. Damit sind Sie erstmal nach außen hin gewappnet. Einen Datenschutzbeauftragten benötigen Sie hingegen erst unter bestimmten Bedingungen. Dies wäre im Einzelfall zu prüfen.

5) Können Sie Software empfehlen, die rechtlich nötige Texte automatisch erstellt?

Texte und Regelwerke sollten meines Erachtens unbedingt auf den konkreten Fall persönlich zugeschnitten sein. Texte aus dem Internet müssen im Zweifel nicht falsch sein. Sie wissen aber nicht, ob der Text auch zu Ihrem eigenen Unternehmen passt. Ist erst die Behörde auf Sie aufmerksam geworden, weil vielleicht etwas fehlt oder falsch ist, drohen empfindliche Bußgelder. Bei Bauchweh werden Sie auch eher einen Arzt konsultieren, als Foren im Internet, die Sie mit einer völlig falschen Ferndiagnose wie Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium zu Tode erschrecken. Noch einmal: Nein, nehmen Sie keine vorgefertigten Texte, denn diese bedürfen immer einer konkreten Anwenderprüfung. Ich warne ausdrücklich davor, an dieser falschen Stelle zu sparen.

DIE DATENAUTOBAHN

1) Was muss man beachten, wenn man in Italien beruflich tätig ist, und Daten von Kunden auf dem PC oder in einer Cloud speichert?

Die Erhebung und Verarbeitung von Daten ist dann rechtmäßig, wenn entweder der Betroffene sein Einverständnis erteilt hat (z. B. für den Erhalt von Newslettern) oder aber die Erhebung und Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich ist. Es kommt also darauf an, welcher Zweck mit der Datenerhebung und –verarbeitung verfolgt wird. Um im Einzelfall ganz sicher zu gehen, sollte unbedingt eine anwaltliche Prüfung vorgenommen werden, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

2) Kann man sich gegen (diese) Risiken absichern, indem man Kunden im Vorfeld einen entsprechenden Vertrag unterschreiben lässt? Was muss da drinstehen?

Ja, man kann sich in den Fällen, in denen es notwendig ist, eine Einwilligung durch die betroffenen Personen geben lassen. Eine solche Einwilligung ist dem konkreten Zweck der Datenerhebung und –verarbeitung anzupassen. Pauschal lässt sich leider nicht sagen, was drinstehen muss. Es muss für den konkreten Zweck formuliert sein. Es kann aber eine einmal professionell ausformulierte Einwilligungserklärung für eine Vielzahl von Einsätzen verwendet werden.

GANZ ALLGEMEIN

Was den IT-Bereich in Italien angeht, für was gibt es (bei normalen Geschäftsbetrieb von Selbständigen im Homeoffice) Strafen, und wie hoch fallen die gemeinhin aus?

Für Verstöße gegen die EU-DSGVO (EU-Datenschutzgrundverordnung) legen die einzelnen Mitgliedstaaten Sanktionen fest. Dies können empfindliche Bußgelder sein, die ggf. nach erzielten Jahresumsätzen berechnet werden. Allgemein lässt sich natürlich nicht beziffern, wie hoch eine Geldbuße sein kann. Dies hängt vom Einzelfall ab. Ich rate aber dringend, möglichen Verstößen weiträumig aus dem Weg zu gehen. Ein Bußgeld kann schnell erheblich teurer werden als eine fundierte spezialanwaltliche Beratung bzw. Ausarbeitung entsprechender Textwerke für die Webseite. Dann sind Sie vor Bußgeldern abgesichert.

UND SPEZIFISCH FÜR BLOGGER

Werbung (als Banner oder in Artikeln) – wie muss die gekennzeichnet sein, um dem italienischen Recht zu genügen?

Ich mache im Moment noch eher die Erfahrung, dass die datenschutzrechtlichen Vorschriften in Italien – selbst auf Webseiten von Rechtsanwälten (!) – noch sehr stiefmütterlich behandelt werden. Ob und wie die italienischen Behörden tätig werden, ist derzeit nur schwer einzuschätzen. Selbst bei uns in Deutschland wird die Zukunft erst noch zeigen, wie, wie schnell und in welcher Weise schnell reagiert wird.

Werbung auf der Webseite (als Banner oder in Artikeln) sind erstmal nur ein Indiz für einen geschäftsmäßigen bzw. gewerblichen Internetauftritt, mit entsprechenden Folgen für z. B. Impressum und Datenschutzerklärung und ansonsten unproblematisch. Sollen indes Betroffene gezielt beworben werden, z. B. mittels Tracking oder Newsletterversand, sollte vor Tätigwerden eine professionelle Prüfung der anvisierten Werbemaßnahmen vorgenommen werden, um wie schon gesagt böse Überraschungen zu vermeiden.

Für weitere Rückfragen stehe ich sehr gern zur Verfügung.

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