Amine und Ygralem, eine Liebesgeschichte in Deutschland.

Ich heiße Amine Mehari, bin 1983 geboren, also 35 Jahre alt und komme aus Tessenei in Eritrea. In meinem Land gibt es keine Freiheit, denn alle müssen zum Militärdienst. Ich konnte aber 11 Jahre in die Schule gehen. Alle meine fünf Brüder sind zwangseingezogene Soldaten. Bei der Armee werden wir alle schlecht behandelt, geschlagen, gefoltert, und vor allem nie bezahlt. Als das Militaer mich einzog, war ich schon 24, nicht 18 Jahre.  
Mein Vater starb 1998, ich war gerade einmal 15 Jahre alt. Meine Mutter hatte solange ich denken kann eine chronische bakterielle Magenentzündung und war immer zu schwach, um uns zu versorgen. Ich habe oft versucht, ihr medizinische Hilfe zu ermöglichen, doch ohne Erfolg. 

Mit 28, also 2011, konnte ich mich dem Militärdienst entziehen und hielt mich im Hause meiner Mutter versteckt, um nicht zurück zur Armee zu müssen. Ich half meiner Mutter auf dem Feld und bei der Tierzucht. 
Anfang 2014 heiratete ich Yrgalem in Tessenei. Wenig später wurde ich festgenommen und ins Gefängnis gesteckt, wo ich bis September 2014 blieb.
Zurück beim Heer konnte  ich flüchten und in den Sudan zu Fuß fliehen. Dort fand ich Arbeit  und schickte Geld nach Hause zu meiner Mutter und meiner Frau. Ende 2014 kam auch meine Frau, eine ausgebildete Agraringenieurin, in den Sudan. 

2016  verließ ich Khartoum ohne meine Frau, um nach Europa zu kommen. Deutschland war immer mein Ziel. Ich nahm die Reise nach Libyien auf einem Lastwagen auf. Einen Monat hielten wir uns in der Wüste auf, bis wir endlich in Libyien ankamen. Ich fand ein Boot in Zuara, um nach Italien überzusetzen. Wir erreichten endlich nach 5 Tagen das Festland Italiens in Puglia, in Pesaro. 

Von dort  nahm ich einen Zug durch die Schweiz und erreichte am 17.11.2016 endlich die deutsche Grenze. Ich stellte mich der deutschen Polizei, die mich über Karlsruhe, Heidelberg, Osnabrück, nach Oldenburg weiterleitete. Endlich erreichte ich ein Flüchtlingslager in Norden, Ostfriesland.

Ich fühlte mich sicher und meine Frau begann ihre Reise Ende 2017 aus Khartoum nach Libyien, weiter nach Italien. Auf der Überfahrt nach Italien kenterte sie vier Mal aber erreichte endlich  Basilicata, und wurde nach Potenza in ein Flüchtlingslager geschickt. Sie hatte Glück und wurde per Quote gleich nach Deutschland nach Lohfelden, nahe Kassel, weitergeleitet. Hier reichte sie ihre Asylbewerbung ein und bekam im März 2018 politisches Asyl.

Ich hatte weniger Glück, wurde von Norden im Juli 2017 abgeschoben und bin seit dem in Rom. Ich habe im Februar 2018 den internationalen Flüchtlingsstatus in Italien anerkannt bekommen. Nur es reicht mir nicht, ich möchte zurück nach Deutschland, über Familienzusammenführung.  Mit der Hilfe einer in Rom lebenden Auslandsdeutschen haben wir den Rechtsweg eingeschlagen. Nur die Dokumente fehlten natürlich. Nicht nur die kirchliche sondern auch die standesamtliche Heiratsurkunde muß bei der Botschaft in Rom eingereicht werden. Ein Bruder von mir wagte, die kirchliche Urkunde in Eritrea neu zu beantragen. Ein nahezu absurder Weg, als Staatsfeind, Desserteur des Heeres, den eritreischen Behörden aus Italien nachzustellen.
Aber unser Glück im Unglück zahlt sich hoffentlich aus: wir haben eine offizielle Heiratsurkunde. Bitte laßt uns in Deutschland unseren Seelenfrieden finden.


Amine und Yrgalem Mehari
Alexandra Röttger
Rom Oktober 2018

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